CENNTENIAL JUBILEE – Modena/Turin, Italien

maseratitreffen-turin-1Die alte Dame Maserati wird 100! Und am meisten erschrocken darüber war – Maserati selbst! Beim Internationalen Treffen 2013 in der Schweiz gab es eine klitzekleine Ankündigung über das von Maserati ausgerichtete Internationale Treffen in Italien anlässlich des Jubiläums, allerdings ohne auch nur irgendwelche Details zu nennen. Die internationale Maserati-Gemeinde wartete also gespannt auf die Dinge, die da kommen sollten und wollten – und wartete und wartete und wartete weiter, bis dann endlich im Mai (!) Anmeldeformulare aus Modena dem Maserati-Universum präsentiert wurden, die mehrere sogenannte „Packages“, also Buchungsvarianten, beinhalteten!

Der Schock folgte prompt: Das 2-tägige Treffen im Vollprogramm sollte nicht weniger als 9.000 Euro für 2 Personen kosten! Die Anreise mit allen anfallenden Kosten musste da natürlich noch zusätzlich addiert werden, ganz zu schweigen von dem Umstand, dass Teilnehmer am Concours d’Elegance in Turin noch zusätzlich 85 Euro Teilnahmegebühr bezahlen sollten …

Die Antwort war eindeutig: Flüche und Verwünschungen in Richtung Ita- lien von überall her! Ooops sagte man dann in Modena und „Scusi – wir haben uns verrechnet. Es sind nur 4.500 Euro für 2 Personen und für 2 Tage!“

maseratitreffen-turin-2Erneut Flüche und Verwünschungen nach Italien waren die Folge. Dann erneut eine Preisreduzierung auf 3.800 Euro für 2 Personen im teuersten Paket. Immer noch ein gesalzener Preis für eine Veranstaltung von zwei Tagen!
Hatten sich z.B. vom englischen Club 83 Mitglieder vor der Veröffentlichung der Kosten und des Programms angemeldet, so blieben dann danach nur noch 22 Teilnehmer übrig die sich auf den Weg nach Bella Italia machten. Kommentar eines beteiligten Engländers: „Die Hinfahrt nach Italien und die Rückfahrt aus Italien waren das Schönste bei dieser Veranstaltung …!“

Das angebotene Programm war nett, aber nicht wirklich berauschend, geschweige denn gut. Mag ja ein sogenanntes „Walking Dinner“ unter den angehaltenen Montagebändern im Werk in Modena noch irgend- wie originell und stimmig gewesen sein, so war das Fahren im Stoßverkehr über längere Strecken auf italienischen Autobahnen nicht lustig.

Doch es gab auch einige schöne Momente. Ein Teilnehmer hatte sich mit seinem roten Sebring wohl irgendwie in Modena verfahren. Dieser wurde dann mit Vollgas (!) von einem italienischen Motorradpolizisten quer durch die Innenstadt unter Nichtbeachtung aller roten Ampeln wie- der zur automobilen Herde zurückgeleitet. Das gibt’s nur in Italien …!

Aber auch der Tag auf der Rennstrecke von San Martino del Lago war nicht das, was sich die Maserati-Gemeinde so vorgestellt hatte. Hier war nur begleitetes Fahren angesagt.

Am Samstag erfolgte dann der Besuch der neuen Produktionshallen von Grugliasco nahe Turin, dem ehemaligen Pininfarina-Standort. Man kann verstehen, dass man bei Maserati sehr stolz auf dieses Werk ist, das nach der vollkommenen Renovierung zu den modernsten Produktionsstandorten überhaupt zählt. Nur ist dies Grund genug bei einer inter- nationalen Jubelfeier diesen Produktionsstandort als zentrales Highlight anzubieten?

Das Gala- Dinner wurde – einem Gala- Dinner entsprechend – mit Wunsch nach Abendgarderobe angekündigt und sah Sergio Machionne, den obersten FIAT Capo-di-Capi, den totalen Kong der italienischen Automobilindustrie, in seinem zu seinem Büromarkenzeichen gewordenen grauen Pullover! Guter Stil ist anders …!

Auch Harald Wester, Häuptling von Maserati und Alfa Romeo, war zugegen und sich nicht zu schade zum Besitzer eines 60er-Jahre-Maserati zu sagen „Wissen Sie, ich mag die alten Maseratis, nicht. Sie sind zwar schön zum Anschauen, fahren sich aber sehr unkomfortabel!“ Und das aus dem Mund vom Maserati-Boss zu jemandem, der mit seinem Sebring durch halb Europa gefahren ist und viel Geld bezahlt hat, um in Modena dabei zu sein…! Herr Wester kapiert einfach nicht, dass jeder klassische Wagen mit dem Dreizack ein Sympathieträger und somit Botschafter für sein Unternehmen ist. Man kann so eine Äußerung vielleicht denken – aber nicht sagen und erst recht nicht bei so einem Anlass! Der Mann scheint wirklich zu erwarten, dass ein alter Ghibli aus 1969 so fahren sollte wie heute ein Ghibli II.

Schön, dass seine Konkurrenten von Jaguar, Aston Martin, Mercedes, BMW und Porsche das Ganze anders sehen – und damit Erfolg haben!
So schrieb dann ein amerikanischer Besitzer mehrerer klassischer Maserati auf einem Internet-Forum: „Es wurde sehr deutlich, dass diese Veranstaltung für die internationale Presse und nicht für Maserati-Besitzer organisiert wurde. Besitzer, die mit ihren Autos angereist waren, stellten diese dem Werk quasi zur „Unterhaltung“ für die Presse zur Verfügung – auf Kosten der Eigentümer! Diejenigen von uns, die ohne ein Auto an der Veranstaltung teilnahmen, waren völlig nutzlos für Maserati und fühlten sich als lästig behandelt.

maseratitreffen-turin-3Wir waren eine Gruppe von 24 Personen und waren zehn Tage auf einer Tour durch Norditalien vor der Veranstaltung in Modena. (…) Ich hatte gehofft, die Hundertjahrfeier würde sich zum Besseren wenden, aber ich war eigentlich mental auf das, was dann in der Realität passierte, vorbereitet. Wäre ich aus den USA angereist, nur um diese Veranstaltung zu besuchen, wäre ich sehr enttäuscht gewesen. (…). Es ist traurig zu sagen, aber ich bin jetzt viel eher geneigt, das neue Jaguar F-Typ-Coupé zu kaufen.“ Ein anderer Teilnehmer wurde mir gegenüber noch deutlicher: „Es war eine reine Maserati-Marketingveranstaltung … mit uns als dummen Statisten!“ Ein anderer Teilnehmer aus Italien schrieb in dem gleichen Forum: „Wenn wir an einer Veranstaltung wie einem Rennen, einem Concours oder einfach nur an einer von (Maserati-)Enthusiasten organisierten Tour teilnehmen, dann gibt es kein Problem, eine angemessene (Nenn-)Gebühr zu zahlen.
Aber wenn das Ereignis ein besonderes Ereignis ist, wie dies eines war, direkt vom Werk organisiert, um sein hundertjähriges Bestehen vor der ganzen Welt zu feiern, dann sind die Dinge anders, ganz anders, und Maserati (Fiat) ist nicht in der Lage, diesen entscheidenden Punkt zu ver- stehen! Ich kenne die Einstellung der Fiat-Männer, und ich kenne auch sehr gut ihre arrogante Art zu denken …!“

Maserati S.p.A. hat es also versemmelt – mal wieder…! Dabei gibt es nur wenige Automobilfirmen, die dieses Jubiläum feiern könnten. Und diese Mitbewerber würden so eine einmalige Gelegenheit nutzen. Man ist halt, mit wenigen Ausnahmen, in Modena nicht in der Lage, den wirklichen Stellenwert der Marke und seiner Geschichte zu begreifen. Unter diesem Gesichtspunkt sind offizielle lobhudelnde Stellungnahmen irgendwie nicht mehr glaubhaft und deshalb reines Blabla! So tat sich Maserati ja schon schwer, ein Engagement auf der Techno Classica zu präsentieren. Es ist klar, dass man in Modena nicht das Geld hat, dort so einen spektakulären Auftritt wie Mercedes bzw. BMW hinzulegen. Was man in Italien aber nicht versteht, ist die Tatsache, dass auch diese Auto- firmen mit sehr spitzem Bleistift kalkulieren und dies auch müssen und trotzdem einen Sinn für ihr Engagement sehen – und das weltweit. Die wirklich stillose Äußerung von Herrn Wester beweist, dass Maserati mit den alten Autos bis heute nicht den Schatz entdeckt hat (oder ihn nicht entdecken will?), der da immer noch brach vor der Haustür liegt. Das hat auch etwas mit Ignoranz zu tun.
Um die Veranstaltung herum trafen sich zahlreiche Freunde der Marke, Teilnehmer oder nicht, ob mit oder ohne eigenes Auto, in den Hotels, Restaurants und Trattorien der Umgebung in Modena, um sich über ihre Autos auszutauschen. Das war vielleicht genau das was, den Maserati-Geist wirklich ausmacht. Nach der offiziellen Veranstaltung, die ja eigentlich der Höhepunkt des Maserati-Jubeljahrs sein sollte, machte sich überall Enttäuschung breit. Diese gipfelte dann in der treffenden Bemerkung eines angereisten Amerikaners: „They could have touched the stars but instead chose to climb a small hill!“ Dem ist nichts hinzuzufügen …